Die Welt online: „Brücke des Verständnisses"

Katharina Wagner über ihren Plan, ein israelisches Kammerorchester nach Bayreuth zu holen

Das Israelische Kammerorchester will auf Einladung der Stadt Bayreuth am 26. Juli 2011 ein Konzert in der dortigen Stadthalle geben, unter anderem mit Wagners "Siegfried-Idyll". Man wird zwar am zweiten Tag der Festspiele auftreten, aber nicht in deren Rahmen.

Katharina Wagner hat sich dennoch als Schirmherrin dieses Projekts zur Verfügung gestellt. Um auf Empfindlichkeiten Rücksicht zu nehmen, sollen die Proben nicht in Israel stattfinden. Dort sorgte die geplante Reise nun für Empörung. Wegen seiner antisemitischen Positionen und seiner Beliebtheit im NS-Regime sind Wagners Werke in Israel immer noch mit einem Boykott belegt. Selbst prominente Dirigenten wie Zubin Mehta oder Daniel Barenboim scheiterten daran, diesen inoffiziellen Bann dauerhaft zu durchbrechen. Der israelische Journalist und Holocaust-Überlebende Noach Klieger schrieb in einem Kommentar, die geplante Reise des Orchesters nach Bayreuth bringe ihn in Rage: "Dies ist ein Schritt, den alle Freunde des Judentums im Allgemeinen und Israels im Besonderen als Kapitulation ansehen werden - und als Eingeständnis, dass der Boykott wertlos und nicht gerechtfertigt war." Mit Katharina Wagner sprach Manuel Brug


DIE WELT: Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit?
Katharina Wagner: Der Dirigent des Orchesters, Roberto Paternostro, der früher Musikchef in Kassel war, ist auf die Stadt und auf mich zugegangen. Wir hielten das für einen wichtigen und mutigen Schritt. Da wird versucht, eine Brücke zu schlagen. Eine Brücke des
Verständnisses, von Versöhnung will ich lieber noch nicht sprechen. Ich, meine Familie, die Festspiele, wir hätten uns nie angemaßt, angesichts der bekannten Historie so etwas selbst zu unternehmen. Aber da es von israelischer Seite kommt, fand ich es bewundernswert und will es als Privatperson unterstützen. Es macht mich sehr froh.
DIE WELT: Haben Sie keine Angst, dass alles nur ein PR-Coup sein könnte?
Wagner: Nein, Roberto Paternostro ist dieses Konzert an diesem Ort ein ernsthaftes Anliegen. Die Musik meines Urgroßvaters wird eingebettet sein in Werke seines Schwiegervaters Franz Liszt und von Felix Mendelssohn sowie Gustav Mahler. Das spricht wohl für sich.
DIE WELT: Aber die negativen Reaktionen in Israel ließen nicht auf sich warten...
Wagner: Damit war zu rechnen, ich verstehe sie auch. Ich respektiere die Gefühle derjenigen, die mit dieser Musik Probleme haben. Ich
würde mir niemals herausnehmen, darüber zu urteilen. Und Initiativen in diese Richtung müssten immer von anderen ausgehen.
DIE WELT: Glauben Sie, dass dieses Konzert, sollte es stattfinden, das Bild Wagners in Israel verändern könnte?
Wagner: Vielleicht werden so die Fronten etwas durchlässiger, das fände ich gut. Aber es ist nicht meine Sache, ich schaue ganz passiv von außen zu.
7. Oktober 2010
  • Die Welt