Paternostros Heimkehr: „Endlich wieder in Wien dirigieren“

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Der große Dirigent leitet in der Volksoper eine Festwochen-Produktion von „Fra Diavolo“ – und schwärmt vom Volksopern-Orchester.

„Es ist schön, nach Hause zu kommen“, sagt Roberto Paternostro, geborener Wiener, Absolvent der legendären Dirigentenklasse Hans Swarowskis. Er hat im Ausland Karriere gemacht, war vor allem lange Jahre musikalischer Chef der Oper in Kassel, wo er sich ein enormes Repertoire erarbeitet hat.

Nach langer Zeit ruft nun Wien – und das offenbar nachhaltig: „Ich kann erzählen, dass es gute Gespräche mit dem Konzerthaus gibt. Ich finde es, ehrlich gesagt, auch an der Zeit, endlich wieder in Wien zu dirigieren“, sagt Paternostro. Tatsächlich zurückgebracht hat ihn Volksopern-Direktor Robert Meyer: „Er hat sich gewünscht, dass ich jeweils für längere Phasen zurückkomme. So dirigiere ich nicht nur Premieren und Wiederaufnahmen, sondern auch Repertoire, etwa die ,Zauberflöte‘. Das werde ich auch nächstes Jahr tun, für die Wiederaufnahme von Richard Strauss' ,Ariadne‘, eines meiner Leib- und Magenstücke.“

Apropos Strauss: „Man glaubt es kaum“, erzählt der Dirigent, „aber vor ein paar Wochen habe ich die israelische Erstaufführung des Oboenkonzerts dirigiert“. Da stand er am Pult des Israel Chamber Orchesters, dessen Chefdirigent er seit Kurzem ist. „Da bin ich also jetzt fünfmal im Jahr in Tel Aviv für die Abonnementkonzerte. Mein erstes Konzert hat übrigens anlässlich des Staatsbesuchs des österreichischen Bundespräsidenten in Israel stattgefunden. Das war aber purer Zufall. Wir haben die Chance, mit renommierten Solisten zu arbeiten – und gehen nächstes Jahr ausgiebig auf Tournee. Da gastieren wir in Österreich, etwa beim Brucknerfest in Linz, aber auch in Deutschland, dann geht es nach China, Korea, zuletzt in die USA.“

In Tel Aviv steigt Paternostro in die Fußstapfen von Musikern wie Rudolf Barshai oder Shlomo Mintz: „Das Orchester steht sehr in der russischen Tradition, vor allem, was die Streicher betrifft.“ Und es hat Probleme wie alle Kulturinstitutionen in Zeiten wie diesen: „Die Finanznot packt uns genauso wie alle amerikanischen Orchester, die ja zu einem großen Teil von privaten Sponsoren getragen werden. Alle, die gerne viel gegeben haben, geben jetzt weder viel noch gerne.“

Der Operndirigent Paternostro hat in all den Jahren nicht nur ein Repertoire von über 70 Werken erarbeitet. „Ich habe viel gelernt – und auch furchtbare Fehler gemacht. Ich bin als Junger zum Beispiel bei einer Neuproduktion des ,Boris Godunow‘ zur Klavierhauptprobe gekommen. So etwas rächt sich. Es muss der musikalisch Verantwortliche von Anfang an bei den Proben dabei sein, um auch eingreifen zu können. Egal, ob das der ,Ring‘ oder ein Stück wie ,Fra Diavolo‘ ist, das wir jetzt gerade an der Volksoper vorbereiten. Da gab es übrigens geradezu Verwunderung im Haus, dass der Dirigent vom ersten Moment an da ist.“

„Musiker gehören anständig bezahlt“

Wie erlebt der Heimkehrer seine Geburtsstadt nach so langer Absenz? „Genau genommen hat sich gar nichts geändert. Ich will jetzt nicht Karl Kraus zitieren, der meinte: ,Wien bleibt Wien, und das ist eine gefährliche Drohung‘. Ich habe mir etliche Repertoire-Aufführungen in der Staatsoper und in der Volksoper angeschaut und muss sagen: Das Niveau ist doch mehrheitlich enorm hoch. Das ist schon sehr erfreulich.“

Aber Paternostro sieht auch weniger erfreuliche Aspekte im Wiener Musikleben: „Dass Orchester hier ums Überleben kämpfen müssen, ist deprimierend. Es ist auch nicht gut, wenn man diskutieren muss, ob man Musiker ordentlich bezahlt. Diese Frage ist ja auch an der Volksoper virulent, und da kann ich nur sagen: Es ist toll, mit dem Volksopernorchester zu arbeiten. Die Musiker spielen großartig, setzen von der ersten Probe an alles mit Feuereifer um. Wenn man da hört, das Orchester sollte ,aufgewertet‘ werden, kann ich nur sagen: Das Volksopernorchester muss man nicht ,aufwerten‘. Das ist schon gut genug. Die Musiker, die vom ,Vogelhändler‘ über die ,Boheme‘ bis zu den Meistersingern alles beherrschen, gehören aber anständig bezahlt! Was derzeit mit dem Radiosymphonieorchester geschieht, das geht überhaupt nicht. Wenn ich Österreicher bin, frage ich mich schon, wofür ich ORF-Gebühren zahle...“

Paternostro in Wien: Fra Diavolo von Daniel-François-Esprit Auber, Regie: Josef Köpplinger, Premiere: 16.Mai, Reprisen: 21., 26., 29. Mai, 3., 12., 19. Juni; Zauberflöte: 1. und 13. Juni; Fledermaus: 2. Juni.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2009)

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